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3 Versuche werden gezahlt!

AOK Hessen übernimmt bei künstlicher Befruchtung 100%

Kostenübernahme der künstlichen Befruchtung

Bild:© Giovanni Cancemi-Fotolia.com
Kostenübernahme künstliche Befruchtung

Wenn das Wunschkind auf sich warten lässt, erwägen viele Paare eine künstliche Befruchtung – und stoßen dabei auf unerwartete Probleme. Die doch recht hohen Kosten für diese Behandlung werden von den wenigsten Krankenkassen vollständig übernommen. Die Zuzahlungen belasten das Budget, das man doch eigentlich viel lieber für Babysachen verwenden würde. Vor allem dann, wenn mehrere Versuche nötig sind, bis der Schwangerschaftstest endlich das ersehnte "positiv" anzeigt. Einige Krankenkassen jedoch zeigen sich familienfreundlich und übernehmen Zuzahlungen bei Behandlungen von bis zu 100 Prozent: Eine Idee, die sehr gern Schule machen darf, wie wir meinen.

Was heißt eigentlich künstliche Befruchtung?

Unter dem Begriff der künstlichen Befruchtung werden verschiedene medizinische Maßnahmen zusammengefasst. Zu den häufigsten gehört dabei die so genannte Insemination. Hierbei wird das Sperma mittels medizinischer Instrumente direkt in die Gebärmutter eingebracht. Zugegeben nicht sehr romantisch, aber wirksam, wenn etwa die Beweglichkeit der Spermien eingeschränkt ist.

Bei der so genannten In-vitro-Fertilisation bringt man Ei- und Samenzelle außerhalb des Körpers zusammen, beispielsweise im berühmten Reagenzglas. Findet dabei die erhoffte Befruchtung statt, wird der Embryo in die Gebärmutter übertragen, wo sich die Schwangerschaft dann ganz normal weiter entwickeln kann.

Was kostet eine künstliche Befruchtung?

Die Kosten für eine künstliche Befruchtung hängen natürlich davon ab, welche Behandlung genau vorgenommen wird. Eine Insemination kostet etwa 200 Euro; ist jedoch zusätzlich eine Hormonbehandlung nötig, können ganz schnell rund 1000 Euro zusammenkommen. Noch teurer ist die In-vitro-Fertilisation, für die etwa 3000 Euro und mehr veranschlagt werden müssen.

Und was zahlt die Krankenkasse im Normalfall?

Welche Kosten die Krankenkasse übernimmt, ist im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen festgelegt. An dem orientieren auch sich die meisten Kassen. Dort ist vorgesehen, dass die Krankenkasse jeweils 50 Prozent der Kosten für eine künstliche Befruchtung übernimmt. Das gilt für die jeweils ersten drei Versuche einer In-vitro-Fertilisation und einer Insemination mit vorheriger Hormonbehandlung. Bei Inseminationen ohne Hormonstimulation werden acht Versuche bezuschusst.

Die Kostenübernahme ist dabei jedoch an einige Bedingungen und Richtlinien geknüpft: Das werdende Elternpaar muss einen Trauschein vorweisen, die Frau muss zwischen 25 und 40 Jahren alt sein, der Mann zwischen 25 und 50 Jahren. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, muss die künstliche Befruchtung leider komplett aus der eigenen Tasche bezahlt werden.

Diese Regelungen stellen nicht wenige Eltern in spe vor Probleme. Das gilt selbst dann, wenn sie die eigentlichen oben genannten Bedingungen erfüllen. Stattdessen sind es die Kosten, die viele Paare einfach nicht aufbringen können. Denn 50 Prozent von 3000 Euro sind noch immer eine ganze Menge Geld.

Da die Erfolgschancen einer künstlichen Befruchtung bei etwa 25 bis 30 Prozent pro Versuch liegen, kann es zudem passieren, dass mehrere Versuche notwendig werden, bis tatsächlich ein Baby unterwegs ist. Zu der psychischen Belastung einer ungewollten Kinderlosigkeit, zu allem Hoffen und Bangen, dass eine künstliche Befruchtung mit sich bringt, kommt dann viel zu oft noch der ängstliche Blick auf den Kontostand und die Frage, ob der Babywunsch überhaupt noch finanziert werden kann.

Familienfreundliche Krankenkassen

Zum Glück gibt es einige Krankenkassen, die dieses Problem erkannt haben und deshalb bei künstlichen Befruchtungen so genannte Satzungsleistungen gewähren. Die sind nicht über den Leistungskatalog, sondern über die Satzung der jeweiligen Krankenkasse geregelt und deshalb von Kasse zu Kasse verschieden. Ganz aktuell hat die AOK Hessen ihre Satzung geändert und übernimmt nun 100 Prozent der Kosten für die ersten drei Versuche einer künstlichen Befruchtung. Dasselbe gilt für die Knappschaft, die BKK B. Braun, die IKK gesund plus sowie die IKK classic.

Die Techniker Krankenkasse (TK) hat sich für eine andere Lösung entschieden und zahlt die 50 Prozent aus dem Leistungskatalog plus eine Pauschale von jeweils 250 Euro für die ersten drei Versuche – aber nur, wenn beide Partner dort versichert sind. Auch die AOK Baden-Württemberg beschränkt ihre Zusatzleistungen auf Paare, die beide dort versichert sind, zahlt dann aber 75 Prozent der Kosten für die ersten drei Versuche. Zudem hat sie die Altersgrenzen für die Frau gelockert.

Eine Fülle von unterschiedlichen Regelungen findet sich insbesondere auch bei den verschiedenen Betriebskrankenkassen. Wer dort versichert ist, sollte nachfragen, wie die Kostenübernahme gehandhabt wird.

Eines allerdings haben die meisten Krankenkassen gemeinsam: Nach dem dritten Versuch einer künstlichen Befruchtung ist meist Schluss mit der Kostenübernahme. Lediglich die BKK Textilgruppe Hof und die BKK Actimonda bezuschussen einen vierten Versuch mit 50 Prozent, die BKK Thüringer Energieversorger auch noch einen fünften Versuch.

Auch vom Staat gibt es Geld

Die Krankenkassen sind übrigens nicht die einzigen, die eine künstliche Befruchtung finanziell unterstützen: Die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen gewähren gemeinsam mit dem Bund einen Zuschuss für bis zu vier Versuche, mittels künstlicher Befruchtung schwanger zu werden. In Sachsen-Anhalt braucht man dazu noch nicht einmal verheiratet zu sein.

Auch das Finanzamt ist in dieser Hinsicht etwas weniger konservativ als die Krankenkassen: Die Kosten für eine künstliche Befruchtung können auch von Unverheirateten als außergewöhnliche Belastung steuerlich abgesetzt werden.